im uns überlieferten Briefkontakt mit einem reinen Zeitvertreiber :
Danke für einige Minuten Ihrer Aufmerksamkeit , Mr. Speed ! Im Folgenden einige Gedanken zu……
Biographie und Zeit
Rückblickend auf immer mehr Lebenszeit : Habe ich sie alle verloren oder , positiv gesehen , soll ich mich trösten : Ich hätte per Weiterleben Neues zugelassen ? zulassen müssen ?
Verlieren , immer wieder Menschen ( aus den Augen ) verlieren , heißt
ja einfach auch : Nicht ankommen !
Altes japanisches Haiku :
Gegenseitiges
Verlieren auf dem Friedhof :
Wir sie so wie sie uns !
Mein Heimatdorf zu Zeiten meiner Pubertät : Nebel , Herbst , einsame Ruhe , düster das Haus mit alten resignierten Eltern ; Schulmädchen auf dem Gang zur Bushaltestelle auflauern , schmachten entlang einiger Weltschmerz- Pop-Hymnen , jeweils aktuell rettungslos verliebt …. leiden , verzweifeln …. das einzig Deutliche : Ich ?
Rückblickend über Zufallsfunden in einem alten Tagebuch , Ein-tragungen von bis . Bin ich das ? Ein Fremder begegnet mir . Ach ja , stimmt , das passierte damals mit mir .
Wenn diese Passagen wie von einem Fremden gelebt wurden : Sind sie wahr ? Brauche ich sie ? Könnte ich sie auch an wen anders ausleihen ? Feilbieten ?
Hier , eine Liebesnacht mit darauffolgender Verlassenheit . Preisgünstig zu überlassen . Nichts umkommen lassen …..Kann man ja noch mal brauchen ?
Gestern ein Klassentreffen . Ich Lehrer , um mich herum Ehemalige .
Damals frisch aufgeregte 20-Jährige am Abitur-Abend : Leinen los ! Eine vorläufig (!) letzte Umarmung ….
Heute umgeben mich aus diesem Klub deutlich Wenigergewordene , Erwachsene ! jedenfalls kaum noch Junge ; sie haben ihre Geschichte
auch schon gehabt , mitgebracht , geschönt oder realistisch , die Gescheiterten sind wahrscheinlich gar nicht erst gekommen. Obwohl , von Singapur nach
hier , wär ja auch schwer .
Eine Frau hat den jüngsten Säugling dabei .
Ist dieser Wintergarten zu Hochsommertemperaturen eine Bühne ? Schauen wir uns ratlos an ? Wo ist der Souffleur ? Taugt vielleicht der damalige Lehrer
dafür , nein , eher nicht . Wo wären wir .
War das das Stück ? Ist es vielleicht auch schon aus ?
Vielleicht sind wir allesamt entlarvt bis reingefallen ; die damaligen Versprechen ( : „Natürlich bleiben wir jung , wir bleiben zusammen , wir haben nichts zu verlieren …“) nicht gehalten ; irgendwie sündig und schuldbewusst schauen wir nach der Kellnerin aus .
Immerhin : WIR wenigstens sind gekommen !
Woran erkenne ich junggebliebene , jungbleibende Vitalität ? An der Hauruck-Kraft zu entscheiden : Ist meine Geschichte nun verunstaltet von Traumata ( nichts wie weg hier ! ) oder ist sie eine von Paradiesen ? Leider dann – nun ja – auch verlorenen ?
Für den Historiker gibt es da den vitalen Normalfall : Hauptsache , etwas ist vergangen , damit ergibt sich in der Regel ein Glücksnachweis …
Und die Liebe zu allem , was wie Ritual aussieht und Tradition auf seiner Seite hat : Hier hält der Deich gegen die Flut des Abservierens !