Lyrik

Unser Mann am Frühstücksbuffet

 

und wie er dahin kam ( Bukarest , Dez.2023 )

1

Am Flughafen : Die aeronautische Dunstabzugshaube , Menschen en gros et en detail , abgefertigt ( beiseite geschafft ) : Jeder von vielen belagert , von vielen befreit .                        Abfertigung-Bewältigung-Beseitigung .Last call for ze poet , gate 54.

Wieder ein Schub : Weg-Her.

Du sagst : Nimm es doch als eine Art Terrazzo : Vielfalt , die trägt , Dich unterhält , entlastet . Menschen sind Spiel .

2

Die Morgensonne ! spiegelt sich

in den Fenstern des Sheraton ,

das Abbruchviertel davor

hat in Gänze was davon ,

 

Ehefrauen drehen

sich noch mal im Bett ;

kommen zum Frühstücks-Büffet

dann zu spät .

 

Das Leuchten vom Sheraton

( wie eine Suchlaterne )

beleuchtet alles hier

und noch in der Ferne ,

 

auch die Tauben suchen

erstmal alles ab ;

noch ruht die Stadt wie

ein betäubtes Grab ;

 

die Stadt wie Fingerprints

auf User- Oberfläche ;

am Sonntag reden Autos

eher in Pferdeschwäche ;

 

Wolken-Daunen jetzt

überm Radisson ;

über der ganzen Palette

von Beton (-Grau ) .

 

3

Was die Stewardess so vor Abheben sieht :

Angeschnallt ! Sitzreihen von

Erntehelfern  , rotbäckig wie bei Frosteinfall ,

das Flugzeug rührt noch rum auf den

Pisten von Wien-Schwechat …..

Aufzeigen ! wer bei ` heading home for X-mas-´Bla

noch nicht Kotzattacken hat ?

Aufzeigen ! Wer Spargelstecher und Professorentöchter ,

Sexarbeiter/innen….

all die – nicht gern tät minnen ?

Fremdsprachiges Gelächter ,

die Stewardess weiß :

Der Pilot ist auch kein Kostverächter .

 

4

Ja , ich bin ungerecht zu Bukarest ! Wir sind immer nur im Winter hier , zu Weihnachts-und Neujahrsfest   : Grauschwarznass die Stadt im Ab-und Anbau .

 

Neben dem pittoresken Verfall , den man sich als Lebenstapete

( und nur als solche ! nur gelegentlich ! ) wünscht : 70er-Jahre – Hochhäuser , mit denen man seinerzeit nichts falsch machen konnte , abwaschbar ; ins Café  unten dann importiert  , implantiert  WestCoastSoft CaipiPorno :

Tapete , Städte , Alete , Pamphlete , Kette . Fifth-Avenue in Bettlergrau .

5

Die orthodoxe Kirche Besica Batista , so dicht besiedelt wie wohl in Japan Studentenheime : Eine sprechende Wand voller Ikonen und Heiligenbilder .

Wie vorbildlich ,vergeblich generations-übergriffwillig , dieser steife Triebverzicht  ; Affektkontrolle ,  Hingabebereitschaft seitens der Gläubigen und Geglaubten  , Lebensschattensucher im Hellen ;  Lebenssymmetrie jedenfalls jenseits der Prosa .

6

Frauenschulter !

die den Blick ganz nah ran lässt ;

alles andre drum herum

Rahmen und irgendwie Rest –

 

7

Hotelfoyer-Musik ! wie zum Schunkeln von Hirngeschädigten , nach Benommenheits-Karambolage = Diktatur des ästhetischenProletariats .

 

8

Oh Heimatgefühl : Vor einem Bücherregal in der `Humanitas-Librairie ´ hat man ein Buch gesichtet , angeschmökert ; zu wissen : Ich habe einen Grund , wiederzukommen , das Werk beim 2. ( oder 3.? ) Besuch dann doch zu bergen = zu kaufen=überführen ins heimische Regal : Du sollst es gut haben bei mir .

9

Alte Männer , die 14-jährigen Lolitas hinterherschielen , haben zu Unrecht einen schlechten Ruf :  Sie geben den Rahmen ab ! machen diesen Moment der durchaus vergänglichen Schönheit       ( sieh Dir nur ihre Mutter an !) unvergänglich .

Was weiter gegen die Verunglimpfung der Alten in Susannahs Bad gilt : Ihr süßen Kleinen wisst , was wir in Euch sehen ; Ihr probt vor dem Spiegel nicht für die Jungs auf dem Schulhof , die Euch nicht gerecht werden  . Eure instinktive Bühnen-Erfahrung hat höchsten UNS noch so nötig wie Eure heimischen Boudoir-Spiegel .

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Historiker : Das sind die , die wenigstens hinter sich aufräumen .

11

Was Besseres als den Tod finden wir überall , sagte der Kultur-Imperialist und biss in den Hawai-Burger .

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Mein Blick schwappt

durch den Frühstückssaal :

Am Büffet

die Qual der Wahl ;

zarte Fauenfinger

tippen rum auf I-Phone :

So nützlich diese Dinger

so far from home ;

am Frühstücksbüffet :

Kaffee ? oder Tee?

straffe T-Shirts

weiß wie Schnee ;

im Frühstückssaal

Menstruation international ,

und das Radio bläht dazu –

ich lande am Büffet meine Coups ;

Disco morgens früh um zehn !

das finden Dichter dann obszön

und das Radio hackt darein ,

rührt das Rühr-Ei kurz und klein  .

 

13

Warum wir zum Beispiel hier und andernorts die Renaissance-Kultur studieren : Nicht um uns auf die Schulter zu klopfen , sondern zur Formulierung von Anspruch an uns selbst .

14

Bukarest-Brüssel und zurück : Was beide Städte verbindet , ist der ( immerhin spektakulär ) erlahmte Schwung : Hinein in die 1950er , rein in die Mitte des fatalen Jahrhunderts , und bröckelnd wieder raus , erwartet von den dann folgenden Skyscraper-Mausoleen : Glas ! Da ist nichts , was Dich (nicht ) sieht .

 

15

Ich kuschele mich unters Fußvolk , da wo Kulisse und Kochkunst im Restaurant dezisionistisch sind : Wir wollen siamesisch sein !

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Vor meinem Hotelfenster mit Blick auf die Biserica Alba mache ich meinen Frieden : Mit den Himmeln , der Calea Enescu unten , mit mir : Eine Metropole taugt so gut zur Ich-Verdünnung , und gleichzeitig beherrschen schon  Spuren-Elemente des Dichters das , was er sieht .

17

Auf bettlergrauer Calea Victoriei spiegeln New Yorker Pfützen das Ganze . Gelbe Taxi-Tupfer . Ein lauer Winterregen hat die Stadt befriedet , die dreispurige Einbahnstraße verläuft gefügig .

18

Große Kaffeehaus-Scheiben ,

ein Café zum echten Bleiben –

Weihnachten ist Breughel´sche Erntezeit .

Enjoy !

Zu Michael Jackson irgendwie

Refrain und Demokratie :

Erntezeit !

Endlich ist es soweit ,

hier bin ich Mensch , hier muss ichs sein ,

in gut wattiertem Alleinsein

unterm Heiligenschein .

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Bukarest hat ein sozusagen monologisches Nicht-Profil : Ohne nennenswerten Fluss                        ( Dambowiza ? na ja ! ) , ohne Hügel : Ergibt unauffälligen Verlauf nach allen Seiten .

Paranoid  konstatiere ich den Wegbruch der aristotelischen Mitte : Es gibt nur jung/neu/Halde(nebst Pfütze ); Halden im ehemaligen jüdischen Viertel , die neuen Büro-Tower daselbst sind auch keine Hilfe . An den Ecken keine Straßennamen , auf der alten papierenen Karte sind dafür viele Straßen nicht eingezeichnet . Vielleicht sind dem Ordnungsamt die Namen ausgegangen – oder der Ordnungswille . Ich las irgendwo und glaube es gerne : Bukarest ist flächenmäßig doppelt so groß wie Paris

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und gibt Dir herkulische Aufgaben auf , Aureas-mäßig die Erfahrungen zu trennen. Seine baulich erhaltene Altstadt ist ohne Rest  ausverkauft und trivialisiert international . Aber : Es stecken nicht die bösen Amis dahinter , sondern der vorauseilende Gehorsam einer international tickenden Jugend .

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Neben dem strahlenden Office-Hochhaus ein herunter-gekommenes Stadtpalais aus der Belle Epoque . Somit beantwortet sich die Frage , wie und wo man hierzulande eher Geld investiert : Der 2o- Etagenbau triumphiert gegenüber einem Häufchen Elend .

Die Ringe des Saturn ,

mal städtebaulich gesehen :

Einheitlicher Stil auf je-Umlaufbahn ,

auf dass wer sich orientieren kann :

Vom Vorort-Plattenbeton

stadteinwärts zur Villa mit Garten-Balkon ,

durch die Hochhäuser der Assekuranz

vorbei zum Hilton……

im Hilton kuscheln uns die Leute mit dem vielen Geld ,

der Schönheit und den zahlreichen PS ,

die kein Gewissen quält ,

denen sich auch mal der Spaß vergällt .

 

22

Im nach 89-Rumänien

sind die Kitsch-Beschleuniger am Werk :

Nein , das Hilton ist kein Zauberberg ;

beim Versuch , Geschmack zu buchstabieren ,

sind nicht nur Computer viren-

behaftet ;

das Alte zerfällt ,

das Neue ist Turbo ,

hier ist LIBERTY unhinterfragt ,

überfischt und überjagd …

wer da den Spagat wagt ,

wer das verkraftet –

muss Dichter sein

ausgeflaggt abgeschmackt

abgefackt

im Copacabana-Takt

sein

( oder auch nicht etc )

 

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und Downtown Pfützen

die Gewissens-Spiegel ,

zwischen Helden-Halden und Office-Towern :

Geisterhäuser umgeben von Kunstschmiedewerk ,

1- stöckige Stadtpalais  ohne die Kühe von Chagall ,

ohne seine Blumen und Liebenden :

Rost ohne Trost ,

Abfall , über den die Winde fliehen ,

Halden von Mauern ,

wo Zerstörung noch innehält

und sich erholt :

Hat das hier irgendwer je so gewollt ?

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Vor dem Hotelfenster eine 100-Wasser-Wand .

Hochhaustapete mit 20 Familien im Angebot

mit je unterschiedlicher Balkon-Nutzung .

Hinter EINER dieser  Wohnungs-Sektionen

muss doch auch für SIE was Passendes wohnen ?

 

25

Biserica Amzei : Ein Gottesdienst .

So viel reichhaltig verschwenderische Ratlosigkeit :

10 Kerzen klammernde Alte ,

ein Waldorf-Kindergarten-Mädchen ,

Pfarrer und Sänger

vor Intarsien , Heiligenbilder in hektischem Rhythmus

auf der Ikonostase .

 

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Eine der mich meist-schmerzenden Thesen :

Zu viele der von mir begehrten Schönen

können sich nie-nie-nimmer daran gewöhnen ,

je meine Poeme zu lesen .

27

Stuckherrschaft !

über der Abraumhalde , Stuck-Konsens , Stuck wird das Ganze schon zusammenhalten und -binden ; Friese geschwungen als Botschaft an Aliens , Stuckgebröckel und Geriesel , aus besseren Tagen her-beschleunigt . Stuck in Zutraulichkeit , zwinkernde Zeugen aus Stuck .

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New York – Brüssel – Bukarest – New York : Die große Stadt als Zustand der Wachheit ; immer stehen  Schultern bereit , auf die gestellt sich weiter sehen lässt .

29

Um mich herum die Streuspur des Jahres 1970 ( NICHT ! :1968 ) , als sich die Protestbewegung schließlich zu Tode gesiegt hatte : Als sich die Beatles auflösten und Jimi Hendrix vorsichtshalber starb . ( Andersrum ! )

Das Kind im 5-Sterne-Hotelrestaurant trägt sein T-Shirt mit der Aufschrift  `I am naughty ´. Soll heißen : Bin durch und durch antiautoritär  gegenüber allem , wirklich allem …außer Kommerz und instantaneous gratification .

T-Shirt-Aufschriften wie ein Trümmerbruch , Reste von damals , als man noch schrieb und mitzuteilen hatte . T-Shirt-Träger und ihr Familienleben am Frühstückstisch zwischen den jeweiligen User-Oberflächen , und gelegentliche Gesprächsbrocken in Rumänisch und Bulgarisch beweisen die mittlerweile Allgemein-gültigkeit von ….ach ja 1970 , als Led Zeppelin eine Nachfolge-LP vertrieb , die end-reduziert war , überall bei den Rockern deutliche Anzeichen von geschmacklicher Grobmotorik und Selbstzufriedenheit : Wir gehen den Weg nicht weiter zu einer höheren Kulturstufe ( die war dann musikalisch nur noch im Minderheiten-Jargon des Jazz erreichbar  ) ; wir sind es so zufrieden ; was wir erreicht haben , soll uns als Maske die nächsten Generationen reichen , wir sind die Nietzsche´schen letzten Menschen .

Die Unesco-World-Heritage-Fighter nicken und werden leise an dieser Stelle .

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Eine Heldengalerie am ehemaligen Königsschloss reiht dokumentarische Fotografien des revolutionären Ablaufs  um Weihnachten 1989 . 30 Jahre Verpuffung seither ; Frauen im Wintermantel verlassen die Kirche und schlagen ein Kreuz .

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Lied aus der rumänischen Hitparade

 

Nenne mir Deine

ich nenne Dir meine

Einsamkeiten

die über den Buchseiten

( die uns öffneten

uns vermaßen

gern adoptiert hätten

UNS lasen )

nenne mir Deine Gatten

Deine Selbstfindungsspiegel

was sie über Dich verraten

Flügel und Zügel

mach mich zum Experten

in Deinen Einsamkeiten

durch Bücherzeiten

Dir auf den Fährten….

Mein Blick schwappt

durch den Frühstückssaal

am Büffet

die Qual der Wahl

zarte Frauenfinger

tippen rum auf I-Phone

so nützlich diese Dinger

so far from home

 

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Mein Kontinent füllt sich neu ! Er heißt : Meide-Country !

Mache ungeschehen !

Umgehen !

Nicht in meiner Welt etc

was uns da vor die Füße fällt etc

Ohne die hiesige

Fülle ohne Freude ,

die doch weder

Augen- noch Ohrenweide .

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Unser täglich Beton gib uns heute ; die Wüste wandert unter Baukran und Baugerüst zu windigem Himmel . Beton-Redlichkeiten , berechenbar und haltend alle Frist ; sie wie auch Du warten auf weiteren Bescheid . Bin ein Mitglied der Expeditionary Forces , geduldig wie zu beschreibendes Blatt , zu belichtende Platte , zu bestäubende Blüte , Wüste benetzbar .

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Wenn SIE nicht wären , die brillentragenden Frischverliebten , die im Café den Anorak nicht ausziehen , vielleicht weil sie Händchen halten müssen . Sie um die Brille lange , er hinter der Brille kurze Haare .

Inmitten der wunderbaren Caféhaus-Vermehrung ….Dutzende bis Hunderte von Szeneläden im Stadtzentrum von

  1. , alle glattgelutscht American , in Gang gehalten von Studenten zu jung-dynamischen easy going Hungerlöhnen mit Zero-Quali zum Kellnern .

Und nirgends Kleiderständer ! Der Kunde kommt idealerweise auch im Winter im T-Shirt , oder behält seine Pelztracht  im überhitzten Ambiente eben an und macht einen auf :

Dr. Amundsen , I presume ?

Das Ganze unter verpflichtender , vom Ordnungsamt  streng überwachter Krach-Mucke .

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Rührend in dieser Bukarester Willkommensgeste  :

Ein Tango-Gitarrist , José Almar , aufspielend in der `Green Hour ´-Kellerröhre . Der Halb-Argentinier , Halb-Rumäne  als souveräner Kenner/Könner/Richter/Ausrichter/ Retter , Gitarren-Rupfer und Sing-Elch : Alles wofür der Mensch  Sprache, Gesang , Klang erfunden hat .

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Karneval

am Frühstücks-Büffet

post-koital ist pre-

schlendernd zwischen Tee und Kaffee

frisch geföhnt

geduscht , carnem ( nicht Carmen !) lavare:

Heiße Ware !

tändelschlendern zwischen  Ananas- und Birnensaft

( so weit tunlich die Busen gestrafft :

Hatte ich das schon erwähnt ? )

37

Meine mittelmäßige Poeterey

krümelt bodennah und macht keinen Höhenflug ,

krümelt und stabilisiert den Acker für die Pyramide , die andere errichten ,

keinen Sternenflug zur Tour Eiffel ;

bleibt horizontal ,

reüssiert nicht in großer Zahl ,

nicht hoch doch solide ,

gelingt …. ideell .

 

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Über eine  verschwindende Kunst : Ein jeglicher lächle so gut als er  kann . Damit wäre viel gewonnen. Lächeln ´….( als verschieden von`smile ´: Lächeln ist klar im Nachteil ) .

39

Letzter Blick vor dem Fahrstuhl

( Vollbeschäftigungsballade )

 

Was wir hier sehen….

ist nur die Spitze vom Eisberg :

Wieviel Zeit zuhause vor dem Spiegel ,

ein Tagwerk !

zugebracht ;  auf kaum unterbrochener Spiegel-

suche ist der Mirror-Junkie  hier bei Dir nur mit halbem Ohr :

sich doch noch mal nach links drehen ….

im Spiegel probt sich alles Danach und Davor ….

in der Vollbeschäftigungsballade !

Über Einsamkeit und Robinsonade

vor dem Spiegel !

Rouge und Lippenstift als Siegel ,

dies oder das , neeeee…. DAS bleibt am Bügel !

Der Blick in das Spiegelglas :

Wie einsam macht das

denn ? Sie ist so vollbeschäftigt ,

so endlos geschwächt und bekräftigt ;

diese Beschäftigung

reicht grad für den knappen Schwung

zögernden kleinteiligen Schritts :

Auf hohem Seil !

wo SIE ist …..ists steil  ,

ein full time job !

Hat alles den richtigen Sitz?

watch where you drop !

dieses System verzeiht keinen Fehler  !

Nee….! so wird das nie ein  Bestseller .

 

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Trübe Aussichten . Im Museum nämlich für Rumänische Literatur ( Cioran und die anderen Optimisten) , dessen Etagen sich zu je einem Drittel Anwesenheit teilen :

a ) Reinigungspersonal

b ) Wächter

c ) na gut : Besucher .

Dazu ertönt von der Endlos-Schlaufe : Mississippi- Blues ( sic ) .

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Ein Frühstücksfänger !

hat die Netze ums Büffet ausgebracht ,

die Frauen entfalten ihre Präsentationsvollmacht ,

machen bärtig-bauchige Männer wett

am Frühstücks-Büfett :

Statuesk und wortkarg ,

ernüchtert und formstark :

Machen bärtig-bauchige Männer wett

am Frühstücks-Büfett .

 

42

Bei Dragomir Nicolescu .

Der Caféhaus-Wartesaal verglast , verewigt in Bernstein die uns allen so wichtige Meinung , im Leben kaum was nicht wahrgenommen zu haben ;

Callea Victorilei , eine großzügige Einbahnstraße .

Wo SIE so großzügig : Ob ich nicht woanders doch was verpasse ?

Das Klimperklavier mit ´nem Touch von New York ,

die Sonntagsnachmittagsstadt gedämpft wie auf Kork

sozusagen ,

an Sonn-und Feiertagen,

wir alle

sitzen in der angesagten Falle .

Tote Hose bei jetzt voller Lautstärke ;

wir verwinterte Gartenzwerge

( urban !

man tut was man

nicht lassen kann ) .

 

43

Charmeoffensive : Die Reklame-Raffinessen : Hier auf dem Balkan in unzugänglicher Sprache noch weniger glaubwürdig , noch fadenscheiniger als zuhause . Oder erzählen sie die ganz andere Geschichte ?

 

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Wir versuchen , das Hiersein

der Kellnerin hier möglichst zu versüßen ;

ein fast leeres Café macht sie zur Hauptperson

auf  I-pod  und Mobile Phone ;

die Freunde wollen sie alle grüßen ;

der Sonntag lässt sie nicht so leicht davon ;

sie ist gefangen im Käfig aus Glas ;

nebenbei verdient sie sich was .

 

45

Unter Coyoten

 

überall Trauerbeflaggung über Glas und Tasse

( musikalisch )

Pflicht zur Emphase

( musikalisch )

singing out : Jetzt Alle !

Wieviel Plüsch braucht diese Welt ,

die metropolitane ?

( der Refrain will : Jetzt Alle ! )

der Refrain ist was für Un-Spontane .

Jetzt Alle ! Das zählt …..

 

46

Das Athenäum

 

Rund und halbrund , das  Konzertgebäude , die Rotunde am Königspalast ; chirurgisch sauber geschnitten und gekantet der Treppenmarmor , hin zum Kreisel der Halle , hinauf zum Kuppelsaal . Vier Abgänge erbrechen geschliffenen Glanz wie Lava in das Foyer , gewunden um eine mächtige Säule herum , das Ganze eine Turbine. Und der Saal , mit seinem Fries von Geschichtsklitterung :

So müssen im alten Byzanz die China-Restaurants ausgesehen haben , spottet da wer . Nein , es ist nicht wohlfeiles Plastik . Eine Kassettendecke in farblicher Vielfalt wie Pfauenfeder und Salamanderschuppen . Säulen-Pracht in seziert rotem Fleischton , Balkone und Zwischenetagen für vieleviele Romeos und Julias  auf der  Hochzeit von Susa . Entfernt , außerhalb dieses Säulenwaldes , der an die  Zisternen von Konstantinopel  erinnert , probt eine Oboe für das neue Jahr .

47

Glatzköpfige Männer ( Sprecher der bulgarischen Opposition ?) sehen laut und leutselig in ihre Handflächen : Geste wie Münzen sammelnder Bettler oder auf Regenfang ausse Überlebende der Medusa : Diese (letztgenannten!) Gebärden werden länger leben .

 

Gestylter schlechter Geschmack im Radisson .

Bad taste , aber gestylt .

Gemütlich haben wirs hier ….. oder sind wir Clon ?

Demnächst ?

Andächtig wird neuester Kitsch geteilt .

Vornehm  geschmackliche Leichtlebigkeit

seriöse Zitatenwelt , light ,

Titanic , upgrade , dritte Klasse

( wenn ich das mal weiter fasse ) .

 

48

Ikonen-Modelle ,

Mann mit Prophetenbart ;

Frau mit Geduld

zum Disco-Beat rundum ,

den das Band abspult .

Dichter klopfen den Saal nach Worten ab ,

stumm ,

im Warten

auf Frau und Einsicht in Lebensarten .

Sound-Maschine in schrill und schräg ,

Signale wie von Signatur und  Sentenz ….

ja solche Musik hat mehr und mehr Fans !

Jetzt singt da wer ,

die Welt sitzt ihm quer ;

schrill und schräg

ist er allllllllein soooo allllein auf seinem Weg .

Und Lady Macbeth ? Wie gut hat sie geschlafen ?

Fand ihr Opfer unter den Braven …

Jetzt steht sie am Kaffee-Automat .

Sie wüsste nicht , was SIE mit Feminismus am Hut hat .

 

49

Die Sonne klärt auf im bröckelnden Hinterhof an der Piata Amzei , räumt das Zifferblatt von der Sonnenuhr….

 

Tabula Rasa

Startlinie und Schlachtfeld in Zart-Rosa ;

der Morgen vibriert gelassen

in jeder Faser .

 

50

Diktatur ! der knackigen Jeans ,

rund straff diszipliniert  ;

weiblich diktatorisches Einerlei

bemüht das Prinzip , strapaziert

konturiert aller Backen zwei ….

 

51

Die Kellnerin entziffert in Schritt zwei

meinen Blick . Nein , er galt nicht weiterem Cai-

pirinha  , war Zeichen vielmehr meinerseits , MEINES

dechiffrierenden Könnens :

Machen wir , Kleines ,

Schluss mit dem Gedöns !

Was machst Du nach Schichtende ?

Wen befrieden Deine Hände ?

Nicht Prosecco , el Greco , nicht Sekt :

Mann , warst Du hier schlecht versteckt  !

nen Grappa ? nen Roten ?

oh Auferstehung von den Toten …

Espresso ? Capuccino ?

Kenn ich Dich aus dem Kino ?

oder aus Fiumicino ?

DAS ist Dein Mann ? Ährlich ? DER Dino ?

 

52

Flughafen Klondike

und Goldgräber-Mentalität :

Beschleunigung !

Was vom Karussell runterfällt ,

zu spät !

wenn man zu langsam und konservativ ist .

Ein Verstopfer ,

sozusagen . Der Kreisel ist am Flughafen am ehrlichsten ,

hat hier noch die wenigsten Opfer,

jedenfalls nicht in der Cockpit-Vereinigung ,

höchstens beim Reinigungs-Personal ,

dem nicht multilingual polyglotten :

Die haben , hartgesotten

wie sie sind , Heimweh nach den Karpaten ,

andere : Verpflichtendes Fernweh nach den Staaten .

 

53

Über eine  verschwindende Kunst : Jeder

lächle

so gut man kann . Damit wäre viel gewonnen.

( `Lächeln ´

als verschieden von

`smile ´:

Lächeln ist klar im Nachteil  ) .

 

54

Eine der mich meist-schmerzenden Thesen :

Zu viele der von mir begehrten Schönen

können sich nie-nie-nimmer nicht dran gewöhnen ,

je meine Poeme zu lesen .