Lyrik, Lyrik & Foto

Nord-West Divan

 

 

Nord West Divan

Nice Places in France

 

1

Menschenleer , dieses Departement de l´Oise ,

demnach durchaus warum nicht  auch : Oase !

dachte sich Milord im Anflug auf Paris ;

über Hügel , unter weitflachem Himmelszelt ,

Milord im Anflug auf Paris

wo man für viel Geld

ihm keinen blies

 

( der Schwerhörige hörte stattdessen :

„was er ohne zu achten auf Geld

so schnell nicht mehr  verlies ?“

was in der Art sei es wohl gewesen )

 

2

Lutetia

Oh wie Du Dich- Oh!- breitest unter den Hügeln von Saint Germain :

Moloch , wo ist dein Sieg ?

Wie Du Dich entzerrst und entkräftest

um Mont St. Valérien heftest

meilenweit gewürfelt gewellt  banlieu und mondän

noch nach mir langend der ich diese Treppen stieg

 

3

Wo sonst stehen Schornsteine so starr

von lauter  Ausruf ein Zeichen

in so samtschwärzlichem Abendblau

sommers gelaunt beruhigt bestillt

denn zu hiesigen Places de Marché

die dem Sonnenschwinden  hinterherbleichen

auf Schindeldächern ein Schornsteinverhau

 

4

Ach protokollierte wer ! das hiesig heimisch sommerige Geplänkel

bis behaarte Männerhand findet zwischen ihre Schenkel !

 

 

5

Als wer ? könnte ich mitgehören – hierher ?

Der Kostümverleih ist bestens bestückt

die Charaktere im Film alle vorbuchstabiert

mit Seine und Montmartre ausstaffiert

die Stadt kann sich nicht dagegen wehren

das Museum senkt immer weiter die Preise

lohnt sich für alle diese Reise

klar bei  dieser Baisse

Paris liegt St. Germain zu Füßen

vom Talkesselrand ist man hinundhergerissen

müht sich um Rollen beflissen

hier bin ich immer Humphrey

hab meine Frau Bergmann ( die Elsa ) dabei

 

6

An dieser Stelle sei zu erwähnen :

Auch in diesem Garten Eden

unter Platanen

Zedern Kastanen

 

wo Brünnlein plaudern und Tauben gurren

doch ! Selbstmörder zaudern und Kinder murren

Missverstandene , der Enterbten Rächer

Eltern verursachen bleibende Schäden

 

ja ich will weiter noch erwähnen

nächst diesem großen Garten

mit Schätzen aller Arten

 

pennen am Bahnhof notorische Zecher

gellen mitunter Polizei – wie Ambulanzsirenen  :

selbst in diesem Garten Eden .

 

7

Ein Mitt-Julitag : beginnt wie Frühherbst

Kastaniengrün rändert sich sonnig mit braun

Herbst  freundlich beschließend verzeihend

in weitergehendem  Vertrauen

mit erstem leichten Abwinken und Zurückweichen

fasst nach unter freundlichem Vorzeichen .

 

 

 

8

Zypressen  wehen winken wägen weisen

her hin wieder rück und vor

von wegen der Zuständigkeiten

zwischen klammern und weiterleiten

an Straßenrändern Hügeltrassen und leisen

Gärten wie ein Chor rück und vor

zaudern ortsgebunden

flexibel wissend was sie stunden

 

9

Touristen : Paris ! Achtungachtung!

ist unter inter-nationaler Beobachtung und Kuratel ,

Ausnahmezustand !

und wir Fremde : Waffenstillstandsbeobachter

Besänftiger Gleichgewichtsgaranten

von fremder Macht Gesandte

Ureinwohnerentmachter

durch Sehnsuchtsschmachtung

wishing everybody well

 

10

Paris ist ewige Belästigung der Schönen

entsprechend belästigt sehen sie drein

dennoch : auch wenn sie unhörbar stöhnen

während des Rund-um-die-Uhr- Verschmähens

und des Indifferenz-Säens

wer wollte gleich hässlich sein

oder dass sie zugänglich

aussähen – etwa wie ich ?

Der Dichter ist ….Meister aller Klassen !

geboren beinah alles zu verpassen .

 

11

Paris ! In den Kugellagerstimmen der Amerikaner ;

die rollen mit Schwung durch die Hauptstadt

der Träume ; pendeln dann aus nach getanem Job

kennen nichts anderes als `als ob ´

na klar und mailen home nach Connecticut

 

 

 

 

 

12

Paris ! Russinnen blondbleichmüde ,

aufregend ; Dir zu Gefallen liefern sie

immer eine Geschichte aus einer Gegend

in der Du nicht vorkommen kannst . Legend-

är tragend ihre Rolle , ergeben zur Karyatide

Rosinenmüde Milch-und-Honigbienen .

 

13

Ein Torgebäude thront da inmitten

zweier Palastflügel die sich seitwärts dehnen

( Rue du Bac , St. Germain-des-Prés )

die Torflügel wie Bühnen die Szenen

weit öffnen für zeitloses Wohl und Weh :

Kasperl fragt : Seid Ihr alle da ?

Tri und Tra und Trullalla .

 

14

St.Germain , Place du vieux Marché

( effet de soleil )

 

wo gallo-saffranesk die Sandstein-

säule deren eine Kante pyramidenerprobt/firm

erodiert die Sonnenuhr gibt , Schatten rationiert!

und hinter dieser Schneide hervor bauscht ins Bild

exuberantes Wildfanghaft- Grün eines Ahorn ;

 

von rechts nach links dann weiter :

Der Wind spielt zunächst auf Ahorn

dann auf Linde dann in Washingtonien-Moll

insistierend ( `spreche mir nach !´ )

Lianenliedführung luftiger Gelübde  .

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

15

Hitzebeschwert verschworen schwärt

die große Mittagswanne um erinnertes Warten

beschworene Wahrheit verspürend

im großen Mittag im Sommergarten

unvermessen durch das Realitätsprinzip

doch : Ein Bagger tütet tüt tüt fiep

quer durch mein Gedicht

nebenan im Rückwärtsgang

 

und rät aller Welt  zur Vorsicht

 

16

derweil Carpaccios Taube sitzt auf dem Brunnenrand

und schaut nach vorne , an mir vorbei ,

autobahnwachwandlerisch zielgerichtet

die Welt ist zu leer für uns zwei

90 oder 180 Grad

sozusagen eine Art Spagat

jeder sieht was Unkonvertibles

enter Lady Macbeth with a taper

tragisch wie Bugfiguren

starren starr auf was terribles

ziehen stumme Schleppen von Spuren

wir alle sehn was was sonst keiner sieht

was unseren Blick magnetisch anzieht

ein Spiel um ein Pfand

 

17

im mittagsschweren Warten

auf dass alle Welt langsam verschwinde

kaum dass sich der Zeiger dreht

dass alle Welt gültig wo münde

ideale Sommerdiät

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

18

Paris ! Stadt der Pygmäen : Derer die

auf den Schultern der Riesen Gepränge sich geben ,

Stadt der Produktpiraterie

deren Chefs gut von den Sackgassen

klassischer Moderne leben.

( na ja auch nicht neu

diese Meckerei )

 

19

Der Marktplatz  (in St.Germain )

 

hitzesperrig ! Elefanten in Friktion

Funken würden springen

wäre da noch Platz übrig von

und im Hexagon

 

Herverbannten bietet Frankreich DAS Vernunftasyl

Gerechtigkeit in Ästhetik erstes Pilgerziel

unter Ausschluss von Banlieu- Realitäten

was wir an Traumwelt gern doch übrig hätten .

 

20

Die Parks hier wie : Schwamm drüber !

wie Gebetsteppich und sanctuaire

wie sie Schatten spenden und Diagonalen kramen

Schlösser Manoirs und Devisenbringer einrahmen  .

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

21

Giverny , Le Jardin de Monet

 

und wie ich sie einmal massenhaft durchkreuzte , ich der Publikumsmagnet , all die Selfieperspektiven ;einfach durch mein Rumstehen in Tateinheit mit Schweigen ; störte das Bemühen all der Beglaubiger  ; wie ich notgedrungen Grinsgepose rempelte ,

wirre Aufnahmegeraden und  fotografisches Anspringen der Vegetation

zu verwirren ; sprich : Der Fotografenaffen Trachten all den

unschuldigen Blumen die Fingerabdrücke zu nehmen mittels digitaler Technik zu verderben .

 

Sie

die Aufnahmeretter

Fotosanitäter

wollten nur all das retten

was unfotografiert nicht mal existierte !

Oh Daguerre !

Du machst es den Daseinsrettern nicht schwer !

 

Zugegeben , zunächst

müssen Menschen mal atmen ,

( bei Geburt schnell einen Klaps auf den Hintern !)

aber dann müssen sie schon schnellschnell fotografieren ;

oh Heiland lege die Hand auf , mach ein Photo , ich lasse Dich nicht Du fotografiertest mich denn .

 

Gefräßig laubsägen Fotonen Fotasten Fotoniker vor Blütenpracht .

 

Das Ganze im Garten des tragischen Malers , der tragisch dankbar

war der tragischen Faszination des

Moments .

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

22

Normandie

 

Mauerwerk aus Klumpstein

mit Malven davor

wer legte hier einst Hand an das Steinwerk

Mauer aus Klumpstein

mit Mörtelsauce mmmh lecker !

Mauerwerk zur Stallung , braunes Holz wie Parkett

in hiesigem Hügeltal

grün weißbraun

 

weiß in den Kühen und all ihrer Produktpalette

Mauer die Salzlecke aus Klumpstein zu Malven

von graublauem Himmelsvorhang fällt

Ranke weingrün  zwischen die Mauern

 

hier verkaufen sich die Antiquitäten der Madame Bovary

wie von selbst wie Gezeiten

wie Aquarell : Dir wird wie der Mantel am Eingang

die Last des genauen Sehens abgenommen

Gezeitenkundler machen sich bukolisch zu Malern

und Amerikanern und anderen Dänen

 

23

Häuser in Vernon

 

Kaffee ehrlich erdbraunes Fachwerk

wie am Kinderbett die Gitterstäbe

an dem Kinder Obacht geben

staunen: die Welt  in der Schwebe

 

wie die Streben wie Terrassen

das Haus halten wie eine Reuse

abhalten in die Gassen

zu drängen und lugen ; das weise

 

braune Hölzer alter Segler einst schon

nach Terre Neuve geschwommen

irgendwie gern dann aber auch

sind zurückgekommen

 

 

 

24

Mauerwerk aus Klumpstein

wie es Ancas Schnarchen inspiriert

Bröckel- und Krümel-Geschnarche

bärbrummend höhlig fragt resümiert

interviewt die Insassen der Arche

 

25

Wiederkehr nach 10 Jahren :

Wieviel hast Du Dir (überraschend ) gemerkt ?

wie viel ( leider ) hat sich gelöscht ?

bist Du ein guter Schüler ?

Flut und Ebbe haben wie viele Sandburgen weggewischt ?

Gedächtnis der Weichzeichner

Traum und Rausch

dies und das give and take

im Tausch .

 

26

Streichelnder Wind

über impressionistischer Niederlassung

in Giverny sozusagen Petro- oder Museums-Grad

und zu jedem Maler ein vonbis

dass alles seine Ordnung hat :

Man lebte `von…bis…´

in diesem Buch vom Öffnen und Schließen,

Symmetrie lässt grüßen  ;

kein Schlemihl wird seines Schattens verlustig gehn ,

wer a sagt muss b auch schon….

des Menschen eiserne Ration

auf einem Bein kann man nicht stehn .

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

27

Rouen , Gare

 

Grüne Ampeln sozusagen  grünspan-

grün verwaschene Art Déco Dächer von Kirchen

und Bahnhof Mentholstocher für den urbanen Zahn

der ex-Teetrinker um 5 o´clock  am Abend früh

in frühmoderner Harmonie

`Wir treffen uns zum Fingerspreizen´

im blauen Himmel über der Stadt

Allegorien mit Gargoyles und Käuzen

wo weiße Schleier ziehen

um dazu gemeißelte Allegorien

 

28

Rouen , Hotel Bourgthéroulde

 

Den Renaissancehof entlang zieht sich ein Bas-Relief ,

Renaissance-Fries nach Themen von Petrarca ,

Gli Triumfi ;

Bildfindung in Krusten und Wülsten , wie Muschelbesatz ,

ein Pergamonaltar die Wand lang

von triumphalisch erfolgreichen Reitern und Ringern

in einer Art Alphabetisierung ,

„ Seht auf diese Bilder ! ,“

„ es werde Bild ! “ ;

und vor ihnen mühen sich zutraulich um Zugang

Männer mit Schultertätowierung

Studenten

von Bildsprache und Bildkomponenten .

 

29

Monets Kathedrale

 

das Maßwerk rund um die Uhr gut anzuschaun

Westportal-Filigran wie Sternenschweif

geklöppelter Lichteinfall wie Rauhreif

durchlässig wie Jägerzaun .

 

 

 

 

 

 

30

Rouen , der Hafen

 

Häfen ? Früher schon mal das Tor zum Abenteuer hinter der

Kimm . Häfen ? Sind heute nur noch per Knopfdruck betriebene Containerterminals .

Oder .

In Bremen , London , Nantes , Bordeaux und anderen Hafen-Witwen steht kilometerweise  Uralt-Kai zur Verfügung , subventioniert als  Eventmeilen , Malls und aufgeschüttete Sandkaraiben ; Softdrink zu Softporno , als oft genug allerdings unerschwingliches Programm  für  Lost Generations aus dem Lande Strukturschwach . Chronisch .

 

31

Nicht das am wenigsten Teuflische am Teufel : Dass alle Nicht-oder Antiteufel in infernalische Gegenwehr  gezwungen werden können . Die Hälfte von Rouen wurde durch britische Bomber wegrasiert , die deutsche Okkupanten am Rückzug hindern wollten . Und die Einwohner mussten die Briten als ihre Befreier feiern .  In Giverny gibt es einen Fliegerfriedhof ; die getöteten Bomber waren jeweils um die  20 Jahre

alt .

Briten und die Nachkommen der ehemaligen Besatzer  bringen jetzt das  Urlaubsgeld ins Land  und sagen :`Oh wie schön ´ zu der damals zufällig nicht abgebrannten Hälfte der Stadt . Und was die unansehnlichen Plattenbauten hier oder in Elbeuf angeht : Hätten die Franzosen sich nicht anders befreien lassen können ?

 

32

 

Vorzeitig braun vor dem Kakao

der Fachwerkhölzer breitet sich brauner Teppich

unter Linden-und Platanenblätter

ein Herbstaufstau

aus Lindenknospen Lindenfall gelegt

ein Herbstaufstau

Herbst aller Jahre

Milch Kaffee Kakao

beste Ware

Ernte aller Jahre

Rouen eine Speicherstadt

Rouen an der Seine

über der Seinegeduld

 

 

33

und wir hausen oben auf dem Speicher

auf höchstem Niveau

die Hühnerleiter hoch

wer sagt : Löcher sind unten irgendwo ?

Löcher können auch oben sein

dazu teuer , billig, ziemlich klein ;

unser letztes Loch die Leiter hoch

hat über sich nur den Regen noch

 

(und zwei Turteltauben )

 

34

Fachwerkfassade

als hätte da wer eine Strichlistenbotschaft

( aus lauter X ,I, V : Buchstabengerade)

im Lehmputz verewigt

 

anders die Gotik im Tal :

Lauter weißgrauer Korallenbefall

gestikuliert , wehrt ab , beschwört ,

 

verweist , verwehrt

Fassadenzeitung aus Koralle

legt sich um die Kathedrale

 

35

Rouen , Sonntagmorgen

 

3 alte Männer stehen vor 3 alten Häusern ; einer vor einem Waschsalon.

Irgendwo im Hintergrund 3 (?) alte Frauen die missgelaunt schweigend die Küche aufräumen . Die Männer schauen die Strasse herauf und herunter , an den Fachwerkfassaden vorbei ; deren Holzstrukturen wie

 

Registrierkassen-

schraffurcode ,

dieser …code bekanntlich Datenschutztod ;

vor diesen Fassaden warten wir also auf einen

Registrierkassenschraffurcodescanner

der durchblickt : Wie ich ( meines Zeichens

Sonntagsmiserenerkenner ).

 

 

 

 

36

Hotel Bourgthérolde

 

Reich beschenkt sitzt der Gast

unter dem Renaissanceportikus,

angesichts steinerner Artikulation von Sprechwerkzeug

beinahe zum Kuss

geschürzte Lippen

das Relief geschürzt ,

ich bezirzt

unter Portikus wie Spekulatius ,

Petrarcaszenen

oder das Märchen von Hänsel und Gretel

vor dem Haus aus Zuckerwerk :

Knusperknusperknäuschen etc

 

37

Fremdsprache bieder gelernt aus

Lehrbuch und Vokabelheft :

Wie ungleich dem elliptischen Genuschel am Nebentisch ;

letzteres Sprechwerk wie noch mit Schlacke besetzt ,

ersteres die Reinform .

 

38

Und hinter mir übers Kopfsteinpflaster

grollt wie Feuerwerkskrachen

Rollkofferrattern !

jener die

auch diese Welt noch zu ihrer machen

möchten .

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

39

Wer rastet der rostet

wer den Regen hat

braucht sich um den Rost nicht zu sorgen

wer keine Arbeit hat

ist kein Exot in dieser Stadt

in Boulogne rostet der Beton

hier rostet der Wind

der Wind demontiert

den Zeitgenossen friert

manche Leute wohnen hier auch noch morgen

wer Regen hat braucht nicht zu fürchten den Wind

so viel Würfel war nie

wie für den der hier zu leben kommt

flieh nach Paris mein Kind

von dort weiter nach Miami

so viel Würfel war nie wie

wie zwischen hier und der Picardie

 

40

Von 3 Läden auf der Rue Principale

ist dies Jahr nur einer verblieben

kurz vor Erbfall

und ein Einzelfall ;

 

einer neu gegründet : auf Verdacht ,

macht auf up-start !

diese Straße ist unheimlich bei Tag und bei Nacht

Windruinen dieser und jener Art

 

ein Geschäft steht leer ;

das neu gegründete (s.o.) zieht zwei

im Umland aus dem Verkehr

und macht mitten im Nichts

 

auf letzten Schrei

 

 

 

 

 

 

 

 

 

41

Pas de Calais- Blues

 

Zuwenig Kaufkraft

bei zu schlechtem Geschmack

zuviel Dunkelkammer

zuwenig Befreiungstag

 

zuwenig Gotik

zuwenig Ancien Régime

zu viel Madame Bovaries

auf ewig anonym

 

auch die Beatles kamen aus dem Regen

deswegen

war Swinging London ein Wunder

lieber Gott , mach diesen Balkan

gesunder

 

 

42

Boulogne-sur-Mer

 

Wir nisten in heruntergegammelter Bürgerresidenz

Prager Verfall Klagen auf hohem Niveau

wir wohnen eigentlich anderswo

haben anderswo was zum Wohnen

wollen uns hier nur belohnen

doch am Wetter spüren wir auf eigenster Haut

die égalité

bei Regen oder wenn die Sonne sich traut

und herverirrt

das ist noch égalité was man da gemeinsam spürt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

43

Café Michel , Boulogne

 

Wie gut :

vergessen sein hier , im Windschatten ,

in Beobachterschneise und spitzem Winkel

einer Axtschneide folgend , Panoramatranchen

bitte dünngeschnitten ;

sich inmitten

interessiert ungerührt interniert

wechselnder Lesebrillen

ausliefern

Einheimischen

und solchen die sich unter sie mischen  :

Ökologische Nischen

für alle .

 

44

Sturmumtost diese Stadt

das Wetter nagt , der Ozean ,

aber nicht nur !

Auch  Armut stur ,

Resignation pur ,

Geschmacksarmut .

Nehmen wirs sportlich :

Kriegt es uns unter ?

Wofür sind wir gut ?

 

45

Département 62 ist Nomadenküste .

Wann ist dieser Laden , dieses Hotel , diese Kneipe

offen ? Warum jetzt gerade nicht ?

Nächsten Sommer wieder ?

Auch darauf ist kein Verlass .

Die Zeltstatt des Depots

ist launisch , unsichtbare Karawanen

hinterlegen hier nur Möglichkeiten .

Aber nie Mangel an

Wind, Regen , Fahnen .

 

 

 

 

46

Der Parkplatz von Audresselles :

Nach freiem Fall der Fahrt

jetzt Schweben im Sicherungsnetz .

Alle Nummernschilder rollen aus

und tragen Schichten von Ruhefirnis auf .

Urvertrauen in Uhren

und Währungsstabilität :

gez. Ihre

Europäische Zentralbank .

 

 

47

Es muss für alle reichen !

Tut es auch ,

hier ;

selbst wenn die Unerwachsenen

ihr Spielzeug in die Breite kippen ,

StadtLandFluss zersiedeln ,

vorübergehend (!) aufgeben ;

was reicht ist zumindest die See

und der noch unermesslichere Himmel ,

in den neben allem Grau der Welt

auch noch ein bisschen Blau passt .

 

48

Ein Paar betritt das Café ,

sie mit geröteten Augen .

Es ist nicht das , was SIE

denken : Sie hat eine Bindehautentzündung ,

schlimm , mehr nicht .

Im Café , nicht nur unter den Männern , steigt

ER unverzüglich in der allgemeinen Achtung .

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

49

Der Schlaf an fremder Küste

ist gut geölter Ringer

aus mir wird  lange Stunden

kein Bezwinger

 

zu Echolot –Möwen ; zittrig zackig

zeichnen sie den Graph über Vineta

Strudel über Berg und Tal

die Nacht verkramt die Städter

 

50

Château Hardelot

 

Neu-Gotik

was für Ernstnehmer !

diesmal aber wirklich !

als wollte der Bauherr sagen , sorry ,

Zug hatte Verspätung.

Ein reicher Engländer spielt mit Lego-Steinen .

 

51

Eoliennes bei Condette

 

Windräder vulgo

in manch gesenkten Nieselwolken

kalkrückenüber der Manche

Nasswatte macht aus der Technik Stümpfe

 

im Drehrhythmus wirbeln von oben

Flügelschnitte in das Grau ;

die Täler sacken voll mit Wolke und Küstennebel ;

Autogeisterbahn nimmt Schwung

in die Kulisse .

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

52 (Arras )

Aus dem Ranking für Straßencafés :

 

Hier

ist Ihr Warten aussichtsreich :

Der Richtige wird kommen ,

wenn jetzt nicht , dann gleich ,

 

oder Sie werden vergessen

dass Sie warten . Hier erfasst

das Warten Ihr Gewicht, wird Ihnen

gerecht . Gewicht ist nicht Last .

 

Hier haben Sie immer schon

hingehört . Weiß auch der Garcon.

Machen Sie kein Selfie ,

warten Sie auf wen aus Barbizon .

 

53

In der Fremde nach Treue lechzen : Das Café schon nach dem 1. Mal zum Stammcafé deklarieren . Reduktion .So lange die Welt reduzieren

bis sich von selbst Wahrheit destilliert . Ja klar ! Dass man sich Wahrheit leisten kann und die Kompassnadel zittert .

 

54

Patrimoine :

 

Hier braucht die Geschichte nicht weiter zu gehen ;

keine Heimatsuche , Heimatlosigkeit . Diffuses Kaum-Geschehen . Landgewinnung abgeschlossen .

Ankunft Gleis 6. Belohnung für alle . Alle Weggenossen .

Bin Wegelagerer , Berichterstatter ;

Cutter .

Zuständig für Krümel die vom Tisch fallen ;

bin Almosennehmer , bereit zu zahlen .

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

55

Fotos machen ?

Wie die Kassiererin bei Aldi oder Huit à Huit

Waren über den Scanner zieht  ?

Hier drücken : Immer der selbe Drücker ?

Noch der Sucher :Technik ?

Ich und mein Blick :

Immer gefügiger ?

 

56

Arkaden

Schutz und Open Door Policy

wer kommt in meine Arme

ach würde es jetzt regnen wie nie

 

Arkaden Schutz und Begegnung

daneben Straßenbuchten

ach würde es regnen wie nie

rechts von den Arkadenfluchten

 

Mein Paradies : Aus Arkaden

heraus Blick auf Meeresrauschen

oder zu Parkplatzrhythmen

freies Weltentauschen

 

57

Arras , Place des Héros

 

willkommen im Tableau des Canaletto

in offenen Armen zuhause im Retro

im Sonnensegel des Bellotto

Biedermeier ist mein Motto

vorwärts zum allgemeinen Biedermeier

für Biedermeier geh ich künftig durchs Feuer

Biedermeier war immer schon mein Motto

 

 

 

 

 

 

 

 

58

Französische Restaurants ! wenn gut

 

und mich eigentlich nicht brauchen

Wirte nicht die  `bonjour´-Masken aufziehen

sich nicht das Rückgrat stauchen

als ob man sich um Ehrengäste kehre

 

eher wies die Kellner auch zuhause täten

ganz normal auftreten

Beinfreiheit geben als wenn nichts wäre

und Sonntagslaune bemühen

 

hier ist es ! der gelungene Alltag

hier ist der Alltag gelungen

wie uns die Alten per Weihnachtslied sungen

 

soll es genießen nur wer mag

wer per Instinkt dazugehört

nicht durch Baedeckerblättern  stört

 

59

Dr. Murke

bzw. George Simenons Schweigen von vor 40 Jahren, gesammelt über die Kreuzung hinweg im französischen Provinzkaff ; die verbliebenen Bewohner der Geisterhäuser wissen alles übereinander , stauen ihr maliziöses Wissen bis zum Knall .

 

 

60

Sonnenaufgang

gleich Regenaufgang

Daseinszuversicht in feucht ;

es wird auch wieder Tag

heißt : Der Herr schuf , um es nicht zu vergessen ,

zuallererst den Regen .

Die Stadt wie dunkel eingeweicht

Schale aus der nichts vergossen werden soll .

 

 

 

 

 

 

61

Hardelot

 

erstarrt küstengestreckt

in Bausünden ; wer

hier verbringt Urlaubszeit  sagt

: Zeit ? Geschenk der Danaer .

 

Jahresurlaub macht aus Eltern

auf Deich und Promenade

Cheerleaders und Claqueure :

„ IST dein Eis lecker ! Hmmmh , Schokolade !“

 

( gesamtverantwortlich für

gute Stimmung an Bord ;

alles easy in education als

wäre Nähe das letzte Wort )

 

Und die Kinder ? Benommen

sehn sie Eltern ratloser noch

als sonst ; und wanken weiter

in kompetentes Leben dochdoch .

 

 

62

Morgensonne , neuer Tag

Ihr Wiederholungstäter

macht mich zum chronischen mal

zu angeblichem Erstbetreter

 

dieses Insel -Territoriums :

ich stets aufs neu ein täppischer Robinson ,

vor erstem Fremd-Kontakt ,

vor Anschubs- Kommunion

 

mit ….Ein Regen liegt um

das Haus und dämmt , erstickt

fast , hüstelt , wartet . Na erst wird

mal in Ruhe gefrühstückt .

 

 

 

 

 

63

Marktag in Boulogne-sur-Mer

 

Hereinspaziert ! Hier triumphiert

der Gebrauchswert !

Unter Planen regenbeschwert

wirbeln Pygmäen und Küstengnomen

die hier aus der Gegend kommen

 

hier hat es das genetische Material

offensichtlich schwerer

wilde Männer in großer Zahl

großer Familien Ernährer

regengebräunt die Frauen

 

mit Schwielen gegerbt

die Hornhaut geschminkt

gefährlich die Augenbrauen

die Haare gefärbt

die Finger beringt

 

das Land feiert sich und seine Hervorbringung

und seine Küsten

auch die Dünenwüsten

und seine sanfte Wiesenbevölkerung

Lob sei auch dem importierten Plastik

 

der Regenwehr

viel ist hier Reflex von Gegenwehr

der Markt die Bühne für Theaterexzentrik

französische Weckrufe

wer wär hier nicht ein gallischer Hahn

 

auf dieser Zivilisationsstufe

elliptische Widerstandsparolen

gelten dem Regen

dem Regen entgegen

der Regen soll  Frau Merkel holen

 

 

 

 

 

 

nach einem Moment den der Regen vergaß

sind alle wieder was weniger blass

was Menschen brauchen

klingt nicht hohl

lässt sich von Blinden fassen

 

ist Braille der Fürsorge voll

abends natürlich sitzen die gleichen Typen

vor flimmernder Elektrik auf Opas Sofas

mit besudelten Kippen

vor Blue Ray 3D

 

vor Softpornodivas

am Markttag in Boulogne-sur-Mer

regenschwer

und kommunikativ

der Marktschreier nach jedem rief

 

ach wenn ich öfters doch hier wär

in Boulogne-sur-Mer !

 

 

64

Je älter desto

 

flüchtiger neue Gesichter ,

verschwimmend versteckter

zwischen Urheberrechten ,-erben

von früher , damals , dort , gestern , hier

etwas in mir

ist der Spurensucher , sie die Spurenlasser ,

jenes Kinn ,dieses Haar , diese Augen nur

eine Kontur ;

flüchtiger versteckter

die Archäologenscherben .

 

 

 

 

 

 

 

 

 

65

( allerdings so ganz unter uns

seis auch mal eingestanden

Frankreich ist auch nur eins von vielen Ländern

 

manch naive Freude kam hier abhanden

wo die Leere anfängt an den Straßenrändern

zum Scheuklappen anlegen

 

vielfachster Leere wegen

wolln wirs durchaus erwähnen

Augen zu und durch gradaus

 

die Monokultur kennt sich hier am besten aus

macht vielfach Blicke leer und pur

in France thront weithin nur Monokultur

 

Gewerbegebiet zur Auflockerung ( mondänen )

zu ihrem Nachteil nicht abgetrieben worden zu sein

sagt die Jugend , hier kreiseln die rond points

 

Route Nationale fleuri über Stock und Stein

oder Autobahnschwung über leere Hügel

viel viel Gegend unter dem Flügel

 

weiter leerer Horizont

Horizont erhaben mondän

unter dem sich Leere sonnt

 

meist aber zerläuft im Regen .

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

66

Morgensonne , neuer Tag

Ihr Wiederholungstäter

macht mich zum chronischen mal

zu angeblichem Erstbetreter

 

dieses Insel -Territoriums :

ich stets aufs neu ein täppischer Robinson ,

vor erstem Fremd-Kontakt ,

vor Anschubs- Kommunion

 

mit ….Ein Regen liegt um

das Haus und dämmt , erstickt

fast , hüstelt , wartet . Na erst wird

mal in Ruhe gefrühstückt .

 

67

Sturmflut bei Audresselles ,

 

zu blauweißem Himmelsgeschiebe ,

Glissando und Sonnengleiß und das

Meer in Smaragdlava

Sturmspringflut mit Salzaspirin

flaschengrün

Salzbärte

Flutfährte

weiß wie die Wellen reißen

Salz weißgleißendes

flaschengrün das  Schäumen

smaragoides Wüten unter Montblancs

Salz und Algenfelder

was an Land fand

Wolkentupfer Windrupfer

die Flut plündert hämisch das Land

Landleichenfleddernd

irgendwo sehr weit entfernt

findet gerade große Flaute statt

und aller Wind ist hier und quer .

Nie mehr Publikum brauchen , sagt der Dichter ,

übersatt .

 

 

 

 

68

Küstenregenhalden (regensturm-

geschwärzt nasstriefend rachsüchtig schwarz  )

die von Cap Gris Nez

(Gris-`grau´ :  höflich ausgedrückt )

 

vor parallel ! im Anlauf ! Grundwellen

notenliniengleich drängend . Vor England-

kulisse , schwarz jenseits far away .

Finsterganz entrückt .

 

69

Ganz unschön robust diese Gegend !

Wetterküche willkürliche

( Gemeinschafts- und Gerüchteküche  :

Ganz Frankreich sei mediterran :

Da glauben einige ewig dran !)

unschön robust diese Gegend ,

Überlebenswille belegend .

 

 

70

Das Falaisen Bandoneon

stimmt an spielt auf zum Notenpapier

der Dünung hier

Strände meilenweit in Equihen

papierfächerseiden

das Segel will sich unter der Ernte beugen

draller Windfall

Falaisengebläse

meilenweit in Equihen spielt das Bandoneon

der Küste an gegen das Gebläse

gegen das Gewehe an

den Windkanal

draller Windfall

das Segel will sich unter der Ernte beugen

 

 

 

 

 

 

 

 

71 Wimereux

 

Blätterteig Blätterbeton

auf den Wänden verzeichnet

was soll bleiben davon

 

Beton der 50er Jahre

die                   des        noir

Wahrheiten        film

 

eine Sonnenuhr mit Patina

redlicher Beton

cepage 62 ? C´est bon

 

72 ebd

 

Eine alte Hebamme die

kürzlich sanft entschlief

vorher viel Leben auf die Bühne rief

 

wie mein 3-Tage-Bart

Schatten sammelt auf

seine Art

 

es geht immer noch um Beton

viel in diesem Gedicht

handelt davon

 

73 ebd

 

Sonnenuhr mit Patina

redlicher Blätterbeton

Beton der 50er Jahre

Nachkriegswiederaufbau

Optimismus mit Rost und Moos

Optimismus nicht storylos

noch storyfrei

Vorwärtsleben wie nebenbei

 

 

 

 

 

 

74ebd

 

Wellensperma , sicher

 

der Samen

des Stiers

der Europa.

 

Europa vervielfältigte sich hier auf der Promenade zu Wimereux . Ein Stier packt Europa bei den Hörnern ; ich bin der Torero .

 

75 ebd

 

Alles /sollte einem hier/ jetzt einfallen!

da war es , das Stichwort in Wind und Wellen und far away ,

der Souffleur ist auf Empfang ; soviel Frageangebot ,

Zutrauen zu Antwortund Fragerey .

 

76 ebd

 

Robuste Küste , diese Franzosen ,

übertragen gesagt : Schlaglöcher  so viele

wie Schlagbohrer für gradlinige Durchsetzung ,

rempelig mit geringer Fremdsprachenkompetenz.

 

77 ebd

 

Goldwäschergeduld , zehnter Waschgang

bei Daueranlandung

von pazifischer Brandung ;

im Sanatorium heißt es : Je länger wir aufs Meer schauen

desto

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

78

Und ich bin die Nacht Dein Feind . Ich nehme Dir alle Freunde . Ich bin das Meer Dein falscher Freund : In meiner Nähe schläfst Du schlecht ; ich binde Dich an meine Bewegungen und meinen Unfrieden . Ich bin Krieg .

Eben noch sahst Du den Sonnenuntergang über mir und Du sagtest : Schön ! Jetzt , in der Nacht , merkst Du : Ich bin ansteckend , flöße Dir meinen Krieg ein  ; bin unablässig im Kampf gegen Dich . Jede Welle , die ich an Land dränge ,wuchte , peitsche , ist eine Spitze , ein Pfeil gegen Dich .

Hier  im Département 62 liegen Trümmer verteilt und übrig geblieben an den Küsten , Beton und Drahtverhau . Hier ist und war alles Kampf . Die Menschen sind arm ; die Häuser grau , feucht , finster . Die Nacht und das Meer : Wir sind die Freundesnehmer ; du bist nie und nirgends so allein wie in der Nacht am Meer in dieser Stadt .

 

79

In diese Gegend passen die Rolling Stones ; ihre songs ,  ihre Grundhaltung : Das ist eine des schäbigen Achselzuckens . Es passt zum ewigen Wind hier , zu Straßen- und Salzstaub , zu Hin und Her von Buschwerk und Gräsern ; zum Schmuddel der Wolken . Auch das Scheinwerferlicht von Sonneneinfall will ins Bild  . Alte Männer überall.

 

80

Impressionisten im Museum .

Und warum sie ein Grundvertrauen in heutigen Betrachtern bewirken ; nicht kaputtzukriegen , ihre Beliebtheit beim Publikum . Ihre

Heimeligkeit .

Liegt es an dem , was wir in Schauplätze und Szenarien , Motive , Porträtierte , Perspektiven , Farbgebung hineindeuten ?

Das Lichtflimmern wird von uns Gegenwärtigen wohl verstanden als eine ironische , zwinkernde Grundtönung ; die Boulevards fast schon eine Shopping-Mall , die Flaneure fast schon sexuell kundig ; die Frauen allesamt Anna Kareninas ; Lokomotiven gibt es bereits , auch

Badewetter . Alles zwinkert . Die Welt unserer Kinderstuben mit Donald und den Neffen .

 

 

 

 

 

 

 

 

81 Boulogne , Cathédrale

 

Im Altstadt- Café seitlich über uns

gesandstrahlt ein Piranesi-Labyrinth

der Rundbau mit  Säulengängen

viel Sonne heute , kaum Wind umzinnt

 

der Basilikaflug , steinerne Rotation

um jene da oben ( Statuensäulen )

wäre hier wer trunken –wer nicht ?

denkt : Wie sich jene beeilen

 

in Basilikarotation

Rotunde helle Getüme

Piranesis Festung um katholischen Glauben

Mantel und Degen und Crime

 

Ach die Sonne ! Wärn hier Kollektoren

man hörte sie lutschen hinter ihr her

Rotations-Location

Absiden zinnenquer

 

82

Die Sonne zwingt noch Zaunpfählen einen dünnen Schatten ab , eine Kontribution , schiebt und bewegt das alter ego , den Masterplan der Mülltonne wie eine Schachfigur . Die Sonne stempelt , beglaubigt , belichtet , brennt ein , und heftet , bewirtschaftet . Flutung und Irrigation .

 

83

Was in meinem Leben

oder da wo ich wie ich zuhause sonst

düster/ schmutzig/ alt/ schwach/hinfällig/ peinlich wird

hier

geadelt /entschärft/ vorzeigbar /legitimiert/ beglaubigt

sagte Gauguin weit weg in Polynesien

PS : Lasse mir gerade auch so einen französischen Säufer- Moustache wachsen .

 

 

 

 

 

 

84

Im Steinpark zu Audresselles

 

Beim Durchblicken am Meer

treffen wir : Elementary , Doctor Watson !

und Ebbe und Flut sind der starke Willlibald der

 

sich seit Jahrmillionen

an diesen Felsen verhebt , schwer

schuftet , plackt sich die Flut ;

 

wie Ägypten gelegentlich `landunter ´ hat

und gut

damit lebt –

 

Dalis Steine fladen und flatschen

dazu ; fehlen nur die berühmten Spiegeleieruhren

Wellenferkelwurf wimmelt

 

Wasserzüngeln gleitet Bodenrelief und Schwerkraft

nach wie Schlangen gelenkig verflüssigt

zwischen und unter die Steine

 

wie Schlangen folgen die Wasser mehr

als dass sie vorwärts schnellen

ach Laokoon das Meer ein Themenfilter

 

denn beruhigend wenig ist es was

mich hier angeht

zehn verweht

 

85

In der Posenwanne im Spiegelkabinett in der Halbschattenkammer in der Combat Zonein der Einflugschneise im Prokrustesbett : Im Urlaub .

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

86

 

„ Nun sieh Dir diese gewissenhaft

geschobenen Kinderwagen an !“

„ Hm!  Ach ! :

Erinnerst Du Dich an den Slogan :

 

Richte nicht auf dass

Du nicht wirst gerichtet  …

der meistmissachtete Slogan

wohl bei jedem der dichtet….“

 

„ Ich dichte nicht . Dachte nur an

mein Groteskenkabinett .

Noch zwei Familienbilder –

und ich bin komplett.“

 

87

Öffnungszeit…

 

nur wenn kompatibel mit

Schlafgewohnheit

des patron ; liberté heißt

jeder hat seine Zeit

für ( eventuelle ) Zuständigkeit .

Tourismusstufe Laramie

diese Anarchie

behindert B.s Weg zum Hotspot

und Wenige sprechen Polyglott .

 

88

Damenschuh per Promenade

artikuliert den Damenfuß , hohes C ,

die Lage zuspitzend ungerade

in tarierter Stilarbeit

schraubt an meiner Empfindlichkeit

wenn ich da nur hinseh !

und silhouettiert die Schönen zu sturen

heroischen Galionsfiguren .

 

 

 

 

 

 

89

Pension Meeresruh ?

Hier lebt sichs mit zittriger Hand,

Junkies verrieseln sich und anderer

Leuts Kokain ,

fahrig unter dem Eindrucksgeflimmer

und –gewitter

bis zum Wellenrand

gut dass es keiner hört unter der Akustikpräsenz

on deck all hands

kein anderer Mieter

keiner sieht unter Saharasonne

in der Wellnesszone

keiner im Hotel Maritim .

 

90

Kein Schiff . Kein Freitag .

Robinson muss alleine bleiben .

Aber die Ankömmlinge ,

wie Zeilen in einem Vertrag ,

die weißen Wellenkämme !

Zeile für Zeile ,

manche Meile

weitere Zeile:

Bitte unten links unterschreiben .

 

91

Salzvermilchung Milchversalzung

in meinen Nüstern eingeschläfert

Waagerechte rechte Waage

wagemutig ihr Seepferd

 

so viel Sonnenschutz ist

-Küstenwache ! – Ausnahmezustand :

Was überflutete Ufermeile für Ägyptenland

hier ist Wohlstandsbringer Gästestrand .

 

 

 

 

 

 

 

92

Tarifa-Weiß was Great

Gatsbys tragen zum 5 o´clock

mit Frau ohne Blagen

nein nicht zum WOK

Mann trägt auf der Promenade

das Kokain-Weiß

Aspirin-Weiß

Hochzeits-Weiß

sogar meinetwegen was auch noch geht

britisch ungebräuntes Weiß

man isst eine 5-Sterne-Dorade

vom Winde hierher verweht

 

93

Havannah das Wetter

ein Bahnsteiggespenst

Gespenstertäter

im Wind

ein Sog ein Dauersog

eine Windgeschwindigkeit

eine Windgeschmeidigkeit

eine immer weiter

aufreißende Welt ,

das große Offen , Hafen impossible .

Windwellen bohren ;

da hinten

am Horizont

wo der Wind nicht mehr wohnt

ist alles verloren .

 

94

Wo immer in der Küstenstadt eine eiserne Schraube verwendet wurde bemalt sich das Ambiente selbst : Rostrote Braunstreifen , die Wände herunter herauf ,wie angeflammt , Wohnstatt im Wind für galoppierende Zebras . Dazu ein paar Moose und Flechten , zuzüglich Krach von Wind und Wellen . Zebras auf erstarrter Stampede .

 

 

 

 

 

 

 

95

Besagte Zebras sind prädestiniert

global modernitätsorientiert

man kann sie über den Scanner ziehen

danach dürfen sie fliehen .

 

96

Aus dem Gespräch mit einem Mitreisenden :

 

„ Manchmal muss man in Urlaub fahren ,

um die Aktualität  des alten Testaments

zu entdecken . Meine Frau und ich

etwa gehen durch Amiens

 

und sie : Kann noch gehen ,

geht mir hinterher , ist aber

innerlich zu Lots Frau geworden :

Salzerstarrt und bleischwer ,

 

kann mit mir nicht mehr reden ,

was sie von mir hört ist nur

noch Krach auf der Betonbaustelle :

Nichts ist kälter , starrer , so stur

 

wie sie . – Und morgens das Bild

im Museum zu Arras ;

ich verstehe langsam : Ich

bin ihr nach Art Medusas .“

 

97

Sturm über Wimereux

 

Die Fahnen knattern im Wind

wie viel Beglaubigungsüberschuss

unter dem Himmel von Toledo

wo der Schwefel oft aufreißen muss

 

Geschichten verweht wie viel

Saharasand löscht Geschichten

Sturm unter Schwefelgelb

Stories die auf Fortsetzung verzichten

 

 

 

98

Das Hotel? Spitze ! Einsam dramatischer

Blick auf Wetter , Meer und Strand !

Pech , dass grad vor IHREM Fenster

das Fähnchen flattert von IHREM Land …

schwarzrotgold

ist eben Visionen abhold .

 

99

Auf dem  Sturmdeich hält man sich das Ohr .

Das Telefon muss es richten :

Muss vernähen all die Löcher

die sich (global) tun hervor .

 

100

Im Museum zu Boulogne

 

sind besondere Fundstücke zwei Bilder eines mir und anderen unbekannten französischen Malers : Tattegrain , Louis .

Das erste , `Ramasseuse d´épaves ´ , zeigt eine junge Strandgut-sammlerin mit knallhartem Realismus : Zerrissene Kleidung , elende Früchte ihrer Arbeit , Wrackteile etwa und Seilreste ; alles in gelbgrau grüngrau blaugrau schwarz . Aber ihr Gesichtsausdruck ist frisch , wild , wach , kämpferisch , ihre Wangen leicht gerötet : Diese Geschichte ist nicht zu Ende erzählt .

Ein anderes Bild des gleichen Malers : `Épave humaine ´. Ein Gewitterstrand , dunkle Wellenanschläge , düsterer Himmel , schwarzes Gevogel ; zwei Leuchtfeuer in der Ferne , womöglich die von Dover . Stimmungsvoll , gut gemacht ; beim Abdrehen von dem Bild entdeckt  der Betrachter im letzten Moment den Bezug zur Bildbezeichnung :

Leicht  zu übersehen ein wagerechter Klecks , ein dunkles Bündel an der Saumlinie der Wellen positioniert , eine angespülte Wasserleiche .

 

101

Schwamm drüber ! sagt sich der Urlauber

mit Ozeanblick ; vertieft

sich in Gespräch , Handy, Notiz –

was diesen Moment halt wirklich betrifft .

 

Durchs Wolkenloch fällt derweil

Sonne auf ein gelobtes Stück Meer

wie Segen wie Wahl wie Versprechen

wie Zufall wie immer wie sehr .